Bruno Paul

Als ab 1897 ein Kreis aufgeschlossener Maler und Architekten bei Ausstellungen in München und Dresden eine Stilwende des Kunsthandwerks einleitete, gehörte Bruno Paul zu ihren glänzendsten Vertretern. In der Folge beteiligte sich der 1874 in Seifhennersdorf/Sachsen geborene Künstler an allen bedeutenden Ausstellungen der Jahrhundertwende in Europa und Amerika. Die Entwicklung des floralen Jugendstils zur geometrischen Abstraktion wurde wesentlich von dem jungen Absolventen der Kunstgewerbeschule in Dresden und der Münchner Akademie beeinflußt.

Zum Möbelentwurf führte ihn wie viele Zeitgenossen die Buchillustration. Dynamische Linienführung als Ausdruck jener Kräfte des Tragens und Lastens innerhalb einer Konstruktion beschieden dieser Ausprägung des Jugendstils eine bis heute beliebte Note. Doch vermißte Paul dabei die Klarheit der Gesamtform in Aufbau und Proportion eines Möbels, die er bei den eigenen Werken in enger Zusammenarbeit mit dem Handwerk auf eine von Geometrie und Funktion bestimmte Sachlichkeit reduzierte, von der die Moderne geprägt wurde.

Bruno Paul

Da  Bruno Paul die Verbindung von Kunst und Technik als das Anliegen eines modernen Künstlers ansah, arbeitete er ab 1898 für die »Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk« in München. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wandte er sich außerdem den »Deutschen Werkstätten« Karl Schmidts in Hellerau zu. 1907 gehörten beide zu den Gründern des Deutschen Werkbunds.

Ab 1906 gelang es Paul sich binnen weniger Jahre zum begehrten Architekten von Deutschlands Elite zu entwickeln, deren Villen und Geschäftshäuser zu stilbildenden Gesamtkunstwerken auf höchstem Niveau wurden. Noble Eleganz verband er mit bequemer Wohnlichkeit, funktionale Nutzung mit feiner Ästhetik in allen Details wie Türklinken und Parkettfußböden. Haus Friedwart in Wetzlar gehört zu den großen Privataufträgen, deren Innenausstattung Paul zum Teil in Dresden und einer eigens vor Ort gegründeten Werkstatt ausführen ließ. Heute ist sie die einzige, bis ins letzte Detail originalgetreu erhaltene Villa des Künstlers in ganz Deutschland und steht unter Denkmalschutz.

Nach seiner Berufung 1907 zum Direktor der Unterrichtsanstalt am Berliner Kunstgewerbemuseum bewies sich Paul über Jahrzehnte als ein bedeutender Lehrer und Organisator. Doch wegen seiner liberalen Geisteshaltung wurde er von den Nazis als »politisch unzuverlässig« eingestuft und 1933 aller seiner offiziellen Ämter enthoben. Nach dem Krieg widmete er sich überwiegend dem Ingenieurbau und lehnte 1948 eine Berufung als Präsident der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin ab. Als Zeichen der Rehabilitation verlieh ihm 1954 Theodor Heuss anläßlich seines achtzigsten Geburtstags das Bundesverdienstkreuz und ein Jahr später wurde er wieder ordentliches Mitglied der Akademie der Künste in West-Berlin. Noch im hohen Alter nahm Bruno Paul regen Anteil am kulturellen Schaffen und war ein kritischer, sarkastischer und dennoch toleranter Zeitgenosse.

Er starb 1968 im Alter von 94 Jahren in Berlin.